Mein
Aufschrei in Edewecht
Situationsbeschreibung
politischer Flüchtlinge in Deutschland
am Beispiel Niedersachsen
Asyl
bedeutet Schutz und Sicherheit, die von einer Regierung den AusländerInnen gewährt
wird, die aus politischen und anderen Gründen gezwungen sind, ihr Land zu verlassen.
Im Sinne der Politik des Hochkomissars für Flüchtlinge der Vereinten Nationen
(UNHCR), von amnesty international (ai) und der Artikel der universellen Menschenrechtserklärung
bezüglich Asylsuchender haben diese das Recht, in jedem Land Asyl zu beantragen,
wohin ihnen die Flucht gelungen ist. Diese Asylsuchenden sollen von der Regierung
dieses Landes unterstützt werden, bis ihr Leben in ihrem Ursprungsland nicht
mehr bedroht ist. Motiv für diesen Artikel ist jedoch, der Weltöffentlichkeit
und im Besonderen der deutschen Öffentlichkeit aufzuzeigen, wie Asylsuchende
in der Bundesrepublik Deutschland behandelt werden. Wird Asylsuchenden von der
Bundesregierung wirklich der Schutz und die Sicherheit garantiert, die sie benötigen?
Geduldsprobe
auf der Wartebank
Ein
Asylsuchender in der Bundesrepublik Deutschland wird nach drei Monaten, die
er oder sie in einem Übergangslager verbrachte, in eine ständige Unterkunft
überstellt. In dieser Unterkunft bleibt er oder sie, bis der Asylantrag anerkannt
oder er oder sie abgeschoben wird. Aber ich mußte hier in Deutschland feststellen,
daß es sehr schwierig ist, Asyl für Menschen afrikanischer Herkunft und schwarzer
Hautfarbe zu garantieren. Dies wird durch verschiedene Tatsachen belegt. Wenn
zum Beispiel die Befragung eines Afrikaners nur spärliche Ergebnisse bringt,
und so die Bundesregierung meint, keine hinreichenden Gründe dafür zu erkennen,
daß sein Leben in seinem Heimatland wirklich in Gefahr ist, dann wird sein Antrag
sehr rasch an das Gericht weitergeleitet. Das Gericht lehnt dann den Asylantrag
ab und gibt dem Asylbewerber eine Frist, Deutschland zu verlassen. Anders, wenn
die Bundesregierung zu dem Schluß kommt, daß der Asylsuchende überzeugende Argumente
für die Bedrohung seines Lebens im Herkunftsland vorgetragen hat. Dieser Asylsuchende
wartet bis zu 5 Jahre auf sein Verfahren, ohne Arbeitserlaubnis und mit einem
Visum, das halbjährlich erneuert werden muß. Die Vermutung liegt nahe, daß damit
gerechnet wird, daß der Asylsuchende aufgrund der rüden Asylpolitik in dieser
Zeit das Weite sucht oder straffällig wird, was zu seiner Abschiebung führt.
Arbeitsverbot
Als
ich meine Aufenthaltserlaubnis erneuerte, fragte mich ein Beamter des Ausländeramtes
in Westerstede, warum Afrikaner denn nach Deutschland kämen und nicht in ein
anderes europäisches Land, sie würden in Deutschland doch nur ihre Zeit verschwenden.
Ich war von der rassistischen Frage dieses Beamten erschrocken, gab ihm aber
keine Antwort.
Warum
braucht die Bundesregierung so lange, um ein Asylverfahren einzuleiten? In Ländern
wie USA und Großbritannien dauert es nur 3 Monate, bis ein Asylsuchender zum
Gerichtstermin geladen wird, und die Entscheidung wird bei diesem Gerichtstermin,
also am selben Tag, verkündet. Warum läßt die Bundesregierung Menschen so lange
ohne Arbeitserlaubnis warten? Es ist nicht einsichtig, warum Erwachsene für
eine so lange Zeit zum Nichtstun gezwungen werden. Deshalb sollte die Bundesregierung
die Wartezeit bis zum Asylverfahren verkürzen, damit die Asylsuchenden schnell
eine Gerichtsentscheidung erhalten, statt erwachsene Menschen dazu zu zwingen,
den ganzen Tag lang außer essen und schlafen nichts tun zu können.
Geflüchtet
in den Knast
Betrachtet
man die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Deutschland, so könnte man in
Lobeshymnen für den Aufwand, den die Bundesregierung hier betreibt, ausbrechen,
denn Asylsuchende werden gut gefüttert. Was die Unterbringung betrifft, so befinden
sich die Gebäude meist weit entfernt oder am äußersten Rand von Ortschaften.
Warum wird das so gemacht?
Warum
werden Flüchtlinge behandelt wie Aussätzige? Bedeutet das, daß Asylsuchende
es nicht wert sind, mit Deutschen zusammenzusein? Ich lebe zum Beispielt in
Edewecht, Schepser Damm 19, im Landkreis Ammerland. Die Unterkunft beherbergt
etwa 60 Flüchtlinge in nur 17 Räumen. Mindestens zwei Personen teilen sich ein
Zimmer, und der gesamte Komplex ist mit Stacheldraht umgeben. Ein Polizeiauto
fährt regelmäßig Streife und manchmal drehen Polizeihubschrauber ihre Kreise
über dem Gebäude. Das macht uns Angst und ich frage mich oft, ob wir denn alle
Kriminelle sind. Sollen Asylsuchende wie Gefangene behandelt werden? Das ist
die Ironie eines Landes, das als ein Vorbild für Demokratie in der Welt angesehen
wird. Die Situation hier erinnert mich an Adolf Hitler und die Konzentrationslager.
Warum behandelt die Bundesregierung Flüchtlinge wie Unberührbare, die ins Abseits
geschickt werden (only to be sent to bushes)? Dies erweckt bei mir den Eindruck,
daß der Nazismus in Deutschland immer noch existiert.
Schnüffel
und Co.
Neben
der Polizeistreife arbeitet in dem Gebäude noch ein Privatpolizist, genannt
Hausmeister, der über einen Raum als Büro verfügt. Er behauptet, dieses Haus
zu betreuen, beobachtet jedoch in Wirklichkeit alle Aktivitäten der Flüchtlinge
und versorgt seine Kollegen mit Informationen. Dieser Privatpolizist hat Schlüssel
für alle Räume, und dies ermöglicht ihm, die Räume in unserer Abwesenheit zu
öffnen und nach Informationen zu suchen. Außerdem liest und fotokopiert der
Privatpolizist alle Briefe, besonders diejenigen, die aus Afrika kommen. Wir
wissen nicht, was er mit diesen Kopien macht. Flüchtlinge, die sich gegen eine
solche Behandlung wehren, werden von Beamten der Ausländerbehörde mit Verlegung
oder mit Abschiebungsdrohungen bedacht
Spricht
etwas gegen Bewegungsfreiheit?
Das
Gesetz, das Flüchtlingen die Bewegungsfreiheit innerhalb Deutschlands untersagt,
bedeutet eine zusätzliche Entwürdigung von Asylsuchenden. Flüchtlinge dürfen
sich nur in ihrem jeweiligen Landkreis aufhalten. Zum Verlassen dieses Landkreises
benötigen sie eine Erlaubnis des Ausländeramtes. Wie kann ein Mensch in seiner
Bewegungsfreiheit so eingeschränkt werden? Menschen brauchen Freiheit, und meines
Erachtens ist die Einschränkung der Bewegungsfreiheit die schlimmste Strafe.
Wenn ein Asylsuchender außerhalb seines Landkreises ohne Genehmigung angetroffen
wird, weil er z.B. ein Familienmitglied in einem anderen Landkreis besuchen
möchte, so muß er ein Bußgeld bezahlen. Es ist ermüdend, jedes Mal um Erlaubnis
fragen zu müssen, wenn man den Landkreis verläßt. Da die Erlaubnis nicht immer
erteilt wird, ist man ab und zu gezwungen, gegen dieses Gesetz zu verstoßen.
Asylsuchende haben keine Arbeitserlaubnis: wovon soll das Bußgeld gezahlt werden?
Soll eine solche Regelung Menschen dazu bringen, unversehens eine Straftat zu
begehen, die er nicht begehen will? Warum gibt es ein solches Gesetz nur in
Deutschland? Das ist eine klare Verletzung der Menschenrechte, denn kein Erwachsener
wird es normal finden, jedesmal um Erlaubnis zu fragen, wenn er von einem Landkreis
zum nächsten fahren will.
Gutscheine?
Zwangsmittel!
Außerdem
ist das Gutscheinsystem der Bundesregierung für Flüchtlinge sehr entmutigend
und unfair. Wie kann ihm ein Gutschein gegeben werden mit Anweisungen, was er
dafür kaufen darf? Im Landkreis Ammerland erhält jeder Asylsuchende, der noch
nicht zur Ausreise aufgefordert wurde, einen Gutschein über 240 DM und ein Taschengeld
von 78,48 DM monatlich. Mit diesem Gutschein darf er weder Zigaretten noch alkoholische
Getränke kaufen. Es gibt Menschen mit festen Rauchgewohnheiten, die es vorziehen,
nicht zu essen, statt keine Zigaretten zu haben. Andere können sogar krank werden
ohne Zigarette. Mit Gutscheinen, die den Kauf von Zigaretten ausschließen: Wo
sollen sie das Geld herbekommen, um Zigaretten zu kaufen? Mit den 78,48 DM Taschengeld
müssen sie ihren Anwalt, Fahrtkosten etc. bezahlen. Ich bin überzeugt, daß die
Bundesregierung mit solchen Regelungen die Absicht verfolgt, den Flüchtlingen
das Leben schwer zu machen. ä(Das ist ja schlimmer als Knast! Menschen im Knast
dürfen rauchen. d. nichtrauchende(!) Tipper)ü Es werden Flüchtlinge bei Diebstählen
in Supermärkten erwischt, und wenn Sie danach fragen, was sie gestohlen haben,
dann wird es nichts anderes sein, als Zigaretten und Alkohol. Im nächsten Schritt
muß er dann eine Strafe bezahlen, und schließlich wird er aufgefordert, Deutschland
zu verlassen, denn die Deutschen haben keinen Platz für Diebe. War es wirklich
ihre Absicht zu stehlen? Ich denke, daß es die Situation ist, in der sich Asylsuchende
befinden, die sie dazu drängt, Dinge zu tun, die sie gar nicht wollen.
Arbeitszwang
Ein
anderes Gesetz, das die Selbstherrlichkeit der Bundesregierung zeigt, betrifft
die "Sozial"arbeit, Sklavenarbeit für 2 DM pro Stunde. Ist es nicht seltsam,
daß ein Deutscher mindestens 18 DM pro Stunde verdient, während ein Asylsuchender
nur 2 DM bekommt? Welch Unterschied! In manchen Landkreisen werden die Flüchtlinge
sogar zu dieser Arbeit gezwungen, da sie sonst keinerlei Sozialhilfe erhalten
würden. Diese unmenschliche Behandlung von Flüchtlingen ist eine Mißachtung
der Normen der Bundesregierung. Auf die Frage, warum ein Asylsuchender nur 2
DM pro Arbeitsstunde verdient, antwortete ein Sozialarbeiter, daß die meisten
Afrikaner nicht wegen politischer Probleme in ihrem Land nach Deutschland kämen,
sondern auf der Suche nach Geld, das sie mit zurückbringen könnten. Deshalb
will die Bundesregierung sicherstellen, daß sie dieses Geld nicht bekommen.
Flüchtlinge aus Afrika würden in Deutschland als Wirtschafts- und nicht als
politische Flüchtlinge betrachtet.
"Nur"
Wirtschaftsflüchtlinge?
Ich
war erschrocken, dies zu hören, denn ich bin davon überzeugt, daß die Bundesregierung
über die vielfältigen politischen Probleme in Afrika Bescheid weiß. Selbst wenn
alle Afrikaner als Wirtschaftsflüchtlinge nach Europa kämen: Wo sind denn die
Ursachen für ihre Wirtschaftsprobleme? Aus meiner Sicht haben die Europäer Afrika
kolonisiert und unsere Ressourcen gestohlen. Selbst in der Gegenwart eignen
sie sich immer noch die Reichtümer Afrikas an. Selbst wenn Afrikaner auf der
Suche nach Geld nach Europa kämen, so ist es ihr Recht, denn sie wollen lediglich
einen Teil all dessen zurückbekommen, das ihnen gestohlen wurde. Ich bin auch
davon überzeugt, daß die Westmächte die Urheber der politischen Probleme Afrikas
sind. Produzieren Afrikaner die Gewehre, das Tränengas, die Granaten und Bomben?
Die meisten Waffen, die in den afrikanischen Bürgerkriegen eingesetzt werden,
kommen aus der westlichen Welt. Diese hält die Afrikaner in Schach, um so einfacher
an das zu kommen, was sie wollen und uns im Elend zurückzulassen. Deshalb hat
jeder Afrikaner, der in die westliche Welt migriert auf der Suche nach Einkommen,
ein hundertprozentiges Recht dazu.
Projekt
X
Was
schließlich viele Flüchtlinge in Deutschland und speziell im Bundesland Niedersachsen
bewegt, ist das "Projekt X". Hier werden Flüchtlinge unklarer Herkunft gezwungen,
sich in Oldenburg (Blankenburg) bzw. Braunschweig unter schlechtesten Bedingungen
aufzuhalten, mit einem befristetenVisum für jeweils eine Woche. Mit "schlechtesten
Bedingungen" meine ich, daß diese Flüchtlinge keinerlei Sozialhilfe erhalten.
Man gewährt ihnen nur das Essen. Sie werden diese Situation gebracht, um sie
zu entmutigen und sie dazu zu bringen, von sich aus Deutschland zu verlassen.
Sie
können so jahrelang unter diesen Bedingungen leben, bis die Bundesregierung
irgendeine afrikanische Botschaft findet, die ihnen ein Reisedokument ausstellt,
das es ermöglicht, sie abzuschieben. Meist sind diese Botschaften, die solche
Reisedokumente ausstellen, solche, deren Botschafter Zuwendungen (bribe) von
der Bundesregierung erhalten. Es ist eine Schande und eine Mißachtung der Normen
für die Ernennung von Botschaftern (ohne hier Namen zu nennen), solche Reisedokumente
für Menschen auszustellen, die nicht Bürger ihrer Staaten sind. Meiner Meinung
nach ist dieses Projekt sinnlos und dumm, denn die Bundesregierung treibt die
genannten Asylbewerber zu Untaten, denn kein normaler Mensch befindet sich in
einer solchen Situation und gerät deshalb auch nicht in Versuchung, unerlaubte
Dinge zu tun.
Ich
möchte diese Gelegenheit nutzen, einen Appell an Amnesty International, an den
Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und an andere internationale
Instanzen zu richten, einzugreifen und den Flüchtlingen zu helfen, die sich
in solcher Situation befinden.
Appell
an die Menschlichkeit
Zum
Schluß appelliere ich an die Bundesregierung, ihre Politik und ihre Gesetze
für Asylsuchende in Deutschland zu korrigieren. Abgesehen von dem positiven
Aspekt, daß Asylsuchende Essen erhalten, ist die gesamte Asylpolitik Schrott.
Asylsuchende sollten fair behandelt werden und nicht als Sklaven. Wenn die deutsche
Regierung nicht mehr in der Lage ist, sich um Flüchtlinge zu kümmern, dann sollte
sie dies dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen berichten, statt
zu versuchen, der Welt den Eindruck zu vermitteln, daß sie eines der größten
Kontingente von Flüchtlingen beherbergt. Der Rassismus ist ä(zumindest offiziell,
d. Red.)ü abgeschafft, Hitler gibt es nicht mehr; deshalb glaube ich, daß die
Bundesregierung ihre Politik gegenüber Asylsuchenden, besonders Afrikanern,
zum Besseren verändern sollte.
Sidenu
Anthony-Smith