ªEine nat¸rliche Erscheinung´ Die –konomische Vernunft gebietet, daþ sich die deutsche Wirtschaft mit den Vertretern der NS-Zwangsarbeiter auf eine Entsch”digungszahlung geeinigt hat, wenn dieses Heft die Druckerei verl”þt. Mitunter aber pfeifen Wirtschafts-unternehmen auch auf ihr Eigeninteresse - aus Gr¸nden des nationalen Selbstverst”ndnisses Nein, ¸belnehmen kann das dem Grafen keiner, irgendwann einmal muþte es ja aus ihm heraus. Otto Lambsdorff hatte in dem endlosen Theater um eine Entsch”digung der Zwangsarbeiter eine wirklich tolle Performance hingelegt. Vom Kanzler beauftragt, eine ªGrundlage zu schaffen, um Sammelklagen zu begegnen und Kampagnen gegen den Ruf Deutschlands und seiner Wirtschaft den Boden zu entziehen´ (ªFAZ´), hatte er den deutschen Standpunkt zwischen scheinbarem Entgegenkommen - die Unternehmen sollten ein wenig aufstocken, meinte er schlieþlich -und angesagter H”rte imponierend ausbalanciert: ªEs wird bei den Kl”geranw”lten und den Opferorganisationen einen Aufschrei der Emp–rung geben, egal, welchen Betrag ich nenne. Das ist die Dramaturgie solcher Verhandlungen, da werde ich die Nerven behalten m¸ssen.´ Irgendwann allerdings muþte der in den Aufbaujahren nach 1945 innerhalb der nordrheinwestf”lischen NS-FDP (s. KONKRET 10/99) politisch sozialisierte Gutsbesitzersohn dann doch die Nerven verlieren und sein Herz sprechen lassen: ªDie Besch”ftigung von Ostarbeitern ist eine nat¸rliche historische Erscheinung. Sie haben schon immer so gearbeitet und tun dies sogar heute.´ So ”uþerte er sich Ende Oktober bei Verhandlungen in Warschau ¸ber die in der Landwirtschaft eingesetzten Zwangsarheiter. ªIch habe das´, erl”uterte Lambsdorff, ªin voller Ðbereinstimmung mit dem Bundeskanzler gesagt.´ Und dann begr¸ndete er, ªwarum wir landwirtschaftliche Zwangsarbeiter - ¸brigens nicht nur aus Polen - von Entsch”digungs¸berlegungen ausnehmen wollen´. Wie grotesk deren Forderungen sind, wie wenig ihre Knechtschaft mit NaziUnrecht zu tun hat, weiþ der Graf am besten: Er habe, so erl”uterte einer seiner Mitarbeiter, der polnischen Verhandlungskommission ªin anekdotischer Form´ erz”hlt, daþ es auf dem Hof seiner Eltern immer Arbeiter aus Polen gegeben habe und auch heute noch gebe. Und h”tte er sich in Vorbereitung auf sein neues Amt mal f¸r einen Abend in die wissenschaftliche Literatur vertieft, dann w¸þte er auch, wie recht er hat mit seinem Verweis auf die Tradition, dann w¸þte er, wie sehr auch der Hof seiner EItern von den Arbeitern aus Polen profitierte. Ulrich Herbert schreibt in seinem Standardwerk Fremdarbeiter: ªDer Hauptvorteil von Saisonarbeitern bestand darin, daþ sie geholt und weggeschickt werden konnten, ohne daþ der Unternehmer ¸ber das reine Geld-f¸rArbeit-Verh”ltnis hinaus irgendwelche Verpflichtungen gehabt h”tte; die Polen taten jede Arbeit, die L”nge ihrer Arbeitszeit richtete sich nach der physischen Leistungsf”higkeit; Ungehorsam, Widerstand oder gar Streik waren nicht zu erwarten oder konnten doch in k¸rzester Zeit mit rabiaten Mitteln und dem vollen Einsatz der Beh–rden im Keim erstickt werden. Wenn sich auch die Marktkr”fte nicht v–llig ausschlieþen lieþen, so war man doch nicht gezwungen, unliebsame Begleiterscheinungen der Industriegesellschaft wie sozialen Versorgungsanspruch, gewerkschaftliche und politische Organisation der Arbeiter und das zunehmende Eingreifen des Gesetzgebers in die Beziehung zwischen Arbeiter und Unternehmer hinzunehmen.´ Ausbeutung von insbesondere polnischen ªOstarbeitern´ geh–rt zur Grundausstattung des deutschen Reiches in diesem Jahrhundert. Es gab, stellt Herbert : ªweitverbreitete Ans”tze eines rassistischen D¸nkels gegen¸ber den Polen, der die Diskriminierung der Saisonarbeiter als Ñnormalì und eher selbstverst”ndlich akzeptierte.´ Und ebenso selbstverst”ndlich durften bei Kriegsbeginn 1914 nicht in ihre Heimat zur¸ck, sondern muþten nun als Zwangsarbeiter f¸r die Deutschen t”tig sein. Wirtschaftswissenschaftler Eberhard Trompke nannte 1941 in seiner Untersuchung zum Arbeitseinsatz als Element deutscher Wehr- und Kriegswirtschaft 1914-18 den Einsatz von Kriegsgefangenen in der Industrie eher problematisch, in der Landwirtschaft sei er so ªerfolgreich´ gewesen, daþ er ªnamentlich gegen Ende des Weltkrieges unentbehrlich f¸r die deutsche Wirtschaft´ wurde. Dementsprechend fr¸h, stellt Herbert fest, begannen vor dem Zweiten Weltkrieg die Vorbereitungen f¸r die zu erwartenden Kriegsgefangenen; seit Herbst 1937 wertete das Wirtschafts- und R¸stungsamt des OKW die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs dazu aus. Ein Erfolgsbericht von 1941: ªVon den ins Reichsgebiet ¸berf¸hrten polnischen Kriegsgefangenen sind ... h”ufig innerhalb weniger Tage nach ihrer Einlieferung 70-80 Prozent dem Arbeitsteinsatz in der Landwirtschaft zugef¸hrt worden. So konnten noch f¸r die Hackfruchternte 1939 rund 30.000 Kriegsgefangene ... zum Einsatz gebracht werden. Anfang Oktober´ - also vier bis f¸nf Wochen nach Kriegsbeginn - ªwaren es bereits 110.000. Im Februar 1940 standen der deutschen Volkswirtschaft rund 270.000 polnische Kriegsgefangene zur Verf¸gung.´ Ein Jahr nach Kriegsbeginn waren rund 470.000 ªZivilpolen aus dem Generalgouvernement und den neuen Ostgebieten´ allein in der deutschen Landwirtschaft eingesetzt. Fritz Sauckel, der Generalbevollm”chtigte f¸r den Arbeitseinsatz, erkl”rte im M”rz 1944 bei einer Besprechung der Zentralen Planung, ªvon den f¸nf Millionen ausl”ndischen Arbeitern´, von denen er damals ausging, seien ªkeine 200.000 freiwillig gekommen´. Und so liegt es wohl auch innerhalb der Grenzen der Normalit”t des Grafen Lambsdorff, daþ keine zwei Monate nach dem Ðberfall auf Polen 1939 die Deutschen dort eine Arbeitspflicht f¸r alle M”nner zwischen 18 und 60 Jahren einf¸hrten. Insgesamt mehr als sieben Millionen Ausl”nder sind w”hrend des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland zum ªArbeitseinsatz´ gebracht worden, nicht gerechnet die Zwangsarbeiter vor Ort in den okkupierten Gebieten. Seit dem Ende der Sklaverei im 19. Jahrhundert ist der deutsche ªAusl”ndereinsatz´ der gr–þte Fall der massenhaften, zwangsweisen Ausbeutung von ausl”ndischen Arbeitskr”ften. Ohne die ªFremdarbeiter´ w”re nichts mehr gelaufen. Ulrich Herbert: ªDie deutsche Landwirtschaft w”re schon Ende 1940 ohne die etwa zwei Millionen dort besch”ftigten ausl”ndischen Arbeiter und Arbeiterinnen nicht mehr in der Lage gewesen, die Lebensmittelproduktion auf dem geforderten Niveau zu halten, die gesamte Kriegswirtschaft war sp”testens seit dem Herbst 1941 alternativlos auf Arbeitskr”fte aus dem Ausland angewiesen. ´ Die Lage war so ernst, daþ sich NS-Wissenschaftler Gedanken um eine -welch S¸nde wider das deutsche Volkstum! - ausreichende Ern”hrung der Zwangsarbeiter zwecks Erhaltung ihrer Arbeitskraft machten. Dietrich Eichholtz hat in seiner Geschichte der Kriegswirtschaft beschrieben, welch komplizierte Menschenversuche Professor Heinrich Albrecht Kraut (1963 Groþes Bundesverdienstkreuz, 1973 mit Stern) im Kaiser-Wilhelm-Institut f¸r Arbeitsphysiologie anstellte, um die gerade noch ausreichende Kalorienzahl f¸r die volle Einsatzf”higkeit sowjetischer Kriegsgefangener zu ermitteln. Wie Graf Lambsdorff sah es auch der Reichsf¸hrer SS als selbstverst”ndlich an, daþ der Pole in der deutschen Landwirtschaft arbeitet - aber nat¸rlich auch in der Industrie. Heinrich Himmler hatte deshalb schon am Tag vor dem Weihnachtsfest 1939 angeordnet, daþ jeder in Deutschland arbeitende Pole ins KZ eingewiesen wird, falls er die Arbeit verweigert. Und Lambsdorffs Parteifreund, der hochliberale erste Pr”sident des Bundesverfassungsgerichtes Hermann H–pker Aschoff, hatte in seiner Zeit als Chefjurist der Haupttreuhandstelle Ost bitter beklagt, daþ zu wenig Sklavenarbeiter aus dem ehemaligen Polen, dem Generalgouvernement, ins Reich importiert w¸rden: ªWenn die Zahlungsbilanz des Gouvernement nicht in Ordnung ist, muþ eben weniger eingef¸hrt und mehr ausgef¸hrt werden. Und da man dr¸ben keine Waren hat, die man ausf¸hren kann, bleibt eben nichts anderes ¸brig als Arbeitskr”fte. Das war auch der urspr¸ngliche Plan, daþ das Gouvernement etwa zwei Millionen Arbeitskr”fte f¸r das Groþdeutsche Reich zur Verf¸gung stellen sollte. Aus diesem Plan ist leider nie etwas geworden, und ob in Zukunft etwas daraus werden wird, weiþ niemand. Ob wir letzten Endes die Sache ohne das Gouvernement machen k–nnen? Die rechtlichen M–glichkeiten dazu w¸rde wohl die Einsatzverordnung bieten.´ Sie haben die Sache gemacht, und aus den vom sp”teren Chef des Bundesver fassungsgerichts eingeforderten zwei Millionen Zwangsarbeitern waren im Laufe der Kriegsjahre bis 1944 immerhin, wie ein soeben vorgelegtes Gutachten belegt, 1,66 Millionen zivile Sklavenarbeiter geworden, von denen 70 Prozent in der Landwirschaft, gut 20 Prozent in der Industrie und knapp 10 Prozent in den ¸brigen Wirtschaftsbereichen t”tig werden muþten, f¸r insgesamt 6 Millionen Arbeitsjahre. H–pker Aschoff, der im Auspl¸ndern von Polen und Juden hocherfahrene h–chste Jurist der jungen Bundesrepublik, war ¸brigens ein guter Freund von Theodor Heuss, dem ersten Bundespr”sidenten. Der deutsche Staat, der sich 1949 auf den Boden des Grundgesetzes gestellt hatte, wehrte alle Anspr¸che ab, die gegen die Nutznieþer der Zwangsarbeit damals h”tten erhoben werden k–nnen: ªSeine Verbringung zum Arbeitseinsatz erfolgte nicht wegen seiner Zugeh–rigkeit zu einem fremden Staat oder zu einem nicht-deutschen Volkstum´, beschied 1966 das Bundesverwaltungsamt K–ln den Wiedergutmachungsantrag des ehemaligen Ostarbeiters Edmund Petraschkowitsch und erl”uterte, die ªVerbringung´ sei vielmehr ªeine Maþnahme zur Beseitigung des kriegsbedingten Mangels an Arbeitskr”ften, von der Personen aller Nationalit”ten betroffen´ gewesen seien. Wiedergutmachung abgelehnt, denn: ªDie von dem Antragsteller vorgetragenen Umst”nde des Arbeitseinsatzes sind nach eingehender W¸rdigung auf die allgemeine Verschlechterung der Lebensbedingungen im Verlauf des Krieges zur¸ckzuf¸hren. Der Antrag war daher abzulehnen.´ Nun gut, auch nur der bescheidene Versuch einer Wiedergutmachung war in diesem Staat f¸r solche Zwangsarbeiter nicht m–glich. Das kann aber, gerade mit den rechtlichen M–glichkeiten, die nun die Sammelklagen in den USA bieten, nicht l”nger dazu f¸hren, daþ geschuldeter Lohn nie bezahlt wird. Adolf Hitler hatte dazu am 4. Mai 1942 einen interessanten Einfall: ªMan m¸sse nur einmal errechnen´, so stenographierte sein Eckermann Henry Picker des F¸hrers Tischgespr”ch mit, ªwieviel dadurch gewonnen w¸rde, daþ der ausl”ndische Arbeiter statt ... RM 2.000 wie der Inlandsarbeiter nur RM 1.000 j”hrlich verdiene.´ Diese Betrachtung legt der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Kuczynski einem Gutachten zugrunde, das er im Auftrag der Stiftung f¸r Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts ausgearbeitet hat. Kuczynski fragte nicht nach der historisch-moralischen Verantwortung - das ist f¸r deutsche Unternehmer ein kurioses Fremdwort. Er berechnete die Lohnkosten der deutschen Arbeitskr”fte und h”lt die der deutschen Industrie f¸r Zwangsarbeiter entstandenen Kosten dagegen. Kuczynski: ªW”ren die Lohnkosten f¸r Zwangsarbeitskr”fte (eben)so hoch gewesen, so best¸nde kein Entsch”digungsanspruch gegen¸ber den Unternehmen, in denen Zwangsarbeit geleistet worden ist.´ Das bedeutet aber auch: ªDie Entsch”digungsanspr¸che werden also aus den wirtschaftlichen Resultaten der geleisteten Zwangsarbeit abgeleitet und zwar unabh”ngig davon, ob die Anspruchsberechtigten heute ... noch am Leben sind oder nicht. Denn es gilt, so Kuczynski, ªdaþ durch Zwangsarbeit Ñerwirtschafteteì Einnahmen und Gewinne prinzipiell als Hehlergewinne zu betrachten und zur¸ckzuzahlen sind.´ Kuczynski ber¸cksichtigt dabei sowohl den amtlichen Lebenshaltungsindex von 1940/44 zu 1999 (1:5,64), wie den Lohnindex (1:21,92), und in komplizierten Berechnungen, die jeweils immer von der f¸r die Unternehmen g¸nstigsten Untergrenze ausgehen, kommt der Wirtschaftswissenschaftler - ohne Zins und Zinseszins - auf einen Betrag von 180 Milliarden, den Deutschlands Wirtschaft f¸r Zwangsarbeit schuldet. J¸rgen Jeske, Chefideologe der ªFrankfurter Allgemeinen Zeitung´, der im Sommer 1997 die Image-Tagung ªUnternehmen im Nationalsozialismus´ im IG-Farben-Hochhaus geleitet hatte, ver–ffentlichte zum Antikriegstag 1998 in seinem Blatt den Leitartikel ªDie Unternehmen, die Schuld und das Geld´, in dem er die ªRechtsauffassung´ f¸r durchgesetzt erkl”rte, daþ ªdie Betriebe im Auftrag der Gefangenenverwaltung´ handelten. Die Nazischergen h”tten sie gezwungen, Sklavenarbeiter zu besch”ftigen. Jetzt, nach Bekanntwerden des Kuczynski-Gutachtens, schreit er nach ªRechtsfrieden´, nach einem ªSchutz vor neuerlichen Klagen mit Hilfe der amerikanischen Regierung´. Er beteuert noch immer: ªDie heutigen Unternehmen verdanken ihren ÑReichtumì, auf den man so gern verweist, in erster Linie der Aufbauleistung nach dem Krieg und nicht der Zwangsarbeit.´ Und er wird noch mal unversch”mt: ªPolen erhielt zu Zeiten der Regierung Schmidt vor diesem Hintergrund einen zinsg¸nstigen Kredit von einer Milliarde.´ Die Milliarden, die die Zwangsarbeiter zur Verf¸gung stellten, indem sie nicht bezahlt wurden, waren ein Riesenkredit an die deutsche Wirtschaft, auf den bisher keinerlei Zins - und w”re er noch so niedrig - f”llig geworden ist. Wo Jeske aber den Staat als Helfershelfer begreift, hat er recht: ªInsofern geht es an der Sache vorbei, wenn man heute den Unternehmen ... immer wieder vorwirft, sie h”tten sich in dieser Frage taub gestellt. Sie durften sich in vollem Einklang mit der Politik aller bisherigen Bundesregierungen f¸hlen.´ Von Adenauer bis Schr–der. Adenauer wollte 1952 Israel als angemessene Wiedergutmachung f¸r den Holocaust ein Krankenhaus f¸r zehn Millionen Mark spendieren. ªDie Wiedergutmachung´, befand noch vor einem Jahr die ªFrankfurter Allgemeine Zeitung´, sei eine ªgroþe Geste der Umkehr gewesen´. Sie fuhr fort: ªDie Wiedergutmachung ist abgeschlossen. Die Kassen werden nicht wieder ge–ffnet, hat der Bundeskanzler zu Recht gesagt.´ Der Kanzler hieþ damals noch Kohl. Aber auch er m¸þte, genauso widerwillig wie heute Schr–der, die Kasse wieder aufschlieþen. Im Interesse der deutschen Wirtschaft, die sich in den USA nicht l”nger Mengele-Plakaten mit dem Slogan ªBayers gr–þter Kopfschmerz´ ausgesetzt sehen m–chte oder -wie Mercedes - dem Werbespruch ªDesign - Leistung - Zwangsarbeit´. Die Opfer sind, endlich, nicht l”nger wehrlos. Und die USRegierung geht nicht l”nger mit der Berliner Republik, die sich zur Groþmacht aufplustert, durch dick und d¸nn. Manfred Pohl, der Chef des Historischen Instituts der Deutschen Bank, weiþ in der ªFAZ´ von Unternehmern zu berichten, die gerade in den USA waren, daþ ªihnen ein ziemlich kalter Wind entgegenbl”st und daþ diese Anzeigenkampagnen durchaus Wirkung gezeigt haben´. Und wenn die Verhandlungen nicht zu einem Ende k”men, dann m¸sse man bef¸rchten, ªdaþ verschiedene amerikanische Staaten, wie Kaliformen das ja teilweise schon gemacht habe, Gesetze auf den Weg bringen, die das Ganze noch versch”rfen werden´. J¸rgen Chrobog, der deutsche Botschafter in Washington, ”ngstigt sich bereits: ªEinzelne US-Staaten habenbereits Gesetze, die deutsche Firmen vom Markt fegen k–nnen.´ Das alles w”re vermieden worden, h”tte die Industrie rechtzeitig einen Bruchteil dessen gezahlt, was sie den Zwangsarbeitern schuldet. Jetzt muþ der Jude b¸þen, der bekanntlich immer noch hinter allem steckt: ªEs k–nnte nat¸rlich in Deutschland eine neue Welle von Antisemitismus entstehen´, droht Pohl. Drei Tage sp”ter echot die ªWelt´-Schlagzeile aus der Hauptstadt der Berliner Republik: ªDie antisemitische Stimmung in Deutschland w”chst.´ Schuld seien die Juden unter den Zwangsarbeitern, die - statt dem Mordprogramm ªVernichtung durch Arbeit´ zum Opfer gefallen zu sein - auch nach einem halben Jahrhundert wie die anderen endlich den Lohn f¸r ihre Zwangsarbeit sehen wollen. Und nat¸rlich k–nnte die Wirtschaft zahlen, selbst die 180 Milliarden, die Kuczynski als unterste Grenze einer angemessenen Entsch”digung errechnete, die aber die Opfer-Anw”lte nie zu fordern wagen. Von den f¸nf bis sechs Billionen DM Nettogeldverm–gen der deutschen Haushalte besitzen die obersten zehn Prozent, deren schneller Wohlstand nach dem Krieg auf der Ausbeutung der Zwangsarbeiter beruhte, die H”lfte. Kuczynski: ªMit dem Blick auf das Gesamtverm–gen sind die 180 Milliarden weniger als ein Prozent dessen, wor¸ber das oberste Zehntel verf¸gt. Dieses Zehntel vor allem ist gefragt. Es sollte bedenken, daþ Entsch”digungsanspr¸che der Zwangsabeitskr”fte nicht nur ein furchtbares Erbe deutscher Geschichte sind, sondern in vielen F”llen auch und insbesondere ein Erbe ein Teil ihrer eigenen Unternehmensgeschichte ist. Wer erbt, muþ Steuern zahlen, zuweilen ¸ber f¸nfzig Prozent. Die 180 Milliarden DM, die Entsch”digungsanspr¸che der ehemaligen Zwangsarbeitskr”fte, ist damit verglichen ein Bruchteil der ¸blicherweise zu zahlenden Erbschaftssteuern - ªIst das bei diesem furchtbarsten deutscher Geschichte schon zu viel langt?´ Aber sicher. Die asoziale Energie der deutschen Wirtschaftseliten l”þt sich durch solche Erw”gungen nicht eind”mmen. Wenn man sie zur Einhaltung von Mindeststandards menschlicher Gesittung veranlassen will, bedarf es eines unausweichlichen Drucks, der sie zwingt zu zahlen. Entweder wird es nicht viel sein, eine kleine Entsch”digung - die geforderten zehn bis zwanzig Milliarden -, die den Ðberlebenden wenigstens ein paar Sorgen am Ende ihres Lebens abnimmt. Oder, und das wird dann richtig teurer, die Konsequenzen eines Boykotts durch das m”chtigste Wirtschaftsimperium der Welt, dem Deutschland - trotz Daimler-Chrysler und Deutscher Bank in den USA - den Rang noch nicht abgelaufen hat. Literatur: Artikel entnommen aus Konkret 1/2000
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