aus: Arranca!
every
girl is a riot girl
»Wenn du
13 bist und queer und nicht weißt, wie du dich der Welt und dir selber
erklären kannst, fühlt sich das an, als würdest du allein im
Dunkeln sitzen, zusammengekauert in einem Winkel deines Zimmers, und zu schreien
versuchen -ohne deine Stimme zu finden. Im Sommer 1994 entdeckte ich Team Dresch.
Ich spielte ihr erstes Album Personal Best über Wochen immer und immer
wieder. Jeden Beat ätzte ich in mein Gehirn und in meine Seele ein. Es
war, als hätte ich endlich meine Stimme gefunden. Nie zuvor, und vielleicht
nie mehr wieder, hatte ich eine derart persönliche Beziehung zu einem Album.
Als ich Personal Best bei Chainsaw Records bestellte, hatte ich nie zuvor Team
Dresch gehört, und alles, was ich über sie wusste, stammte aus Donnas
coolen Ankündigungen im Katalog. Das Album kam zwei Wochen später
mit der Post Ich fand das Coverfoto mit den zwei netten Girls am Start zu einem
Sprintrennen echt cool und wunderte mich, wie die wohl klingen würden.
Ich schob die Cassette in meinen Walkman und wusste nach dem ersten Song, dass
sich da irgendetwas in mir veränderte. Donnas brutales Gitarrenspiel -
das war echte Punkmusik und nicht so lahm wie die vielen schreienden und spuckenden
Jungs-Punkbands.« Madeleine Block
every girl is a riot girl
Back to the roots of Riot Grrrl
Am 20. August 1991 trafen Indierock-Fans in Olympia/Washington auf dem Eröffnungsevent der International Pop Underground Convention (IPU) mit dem Motto »Love Rock Revolution Girl Style Now» zusammen. Es spielten Bands wie Heavens To Betsy, Jean Smith, Mecca Normal und Bratmobile. Außerhalb des Nordwestens der USA waren diese Bands zu dieser Zeit ziemlich unbekannt. Doch das Festival muss tiefgreifende Konsequenzen auf die ansässige Musikszene gehabt haben. Einige weitere Künstlerinnen der lokalen Underground Scene begannen Anfang der 90er-Jahre Frauen- oder zumindest frauendominierte Bands zu gründen und ein autonomes feministisches Netzwerk aufzubauen, um sich gegen den - auch in der scheinbar sicheren, linken Subkultur - allgegenwärtigen Sexismus zur Wehr zu setzen. Zu ihnen gehörten Bands wie Bikini Kill, Heavens To Betsy, 7 Year Bitch, Bratmobile, Dickless und viele andere. Ebenfalls Anfang der Neunziger Jahre ent-stand in diesem Dunstkreis das Riot Grrrl-Manifest, in dem die Musikerinnen die Intentionen und Ziele ihres Schaffens artikulierten.
Darin heißt es unter anderem:
Weil es für
uns Mädchen einfacher werden soll, unsere Arbeiten zu hören/sehen,
damit wir unsere Strategien teilen und uns gegenseitig applaudieren, kritisieren
können. Weil wir die Produktionsmittel übernehmen müssen, um
unsere eigenen Bedeutungen zu kreieren. Weil es wichtig ist, unsere Arbeit mit
dem Alltag unserer
Freundinnen verbunden zu sehen, wenn wir herausfinden wollen, wie wir Dinge
angehen, reflektieren, verfestigen oder den Status Quo ändern wollen
Was wollte Riot Grrrl?
Das Riot Girrrl Movement war und ist ziemlich heterogen. Es fällt schwer, die zentralen Forderungen auf einen Nenner zu bringen. Einen wichtigen Aspekt brachte Kathleen Hannah in einem Interview mit dem Wiener Fanzine Flex's Digest (1996) zum Ausdruck: Sie sagte, dass es immer ihr Traum war, den Feminismus wirklich cool zu machen, ihn von seinem langweiligen Birkenstock-Image zu befreien und zu einem alltäglichen Werkzeug für junge Mädchen zu machen. Verknüpft wurden so radikalfeministische Ansätze, in denen die Aufhebung der Trennung zwischen dem Privaten" und dem Politischen" eine große Rolle spielt, und die Lust am kreativen Ausdruck, der sich unter dieser Perspektive notwendig mit dem Anspruch verband, weitgehend unabhängige Strukturen und kommunikative Netzwerke aufzubauen. Diese sollten eine selbstbestimmte kreative Praxis ermöglichen und gleichzeitig eine Art politischer Plattform, im Sinne feministischer Gesellschaftskritik, herstellen.
Dass gerade im Bereich Punk und Hardcore experimentiert wurde, hatte auch damit zu tun, dass obwohl (oder gerade, weil) diese Bereiche nach wie vor männlich dominiert und vorwiegend auch so definiert waren, sich hierin ein Ansatz ausdrückt, Politik und Musik als Zusammenhang zu begreifen. Dabei ging es nicht zuletzt um eine politisch-reflektierte Herangehensweise ans Musikmachen.
Das klassische Dreiakkord-Schema des Punks ermöglicht einen Zugang dazu, der nicht voraussetzt, ein Instrument gut zu beherrschen, um Stücke produzieren zu können. Diese Form des Musikmachens verweigert sich einem Hierarchien produzierenden Leistungsdruck: Prinzipiell kann erst mal jede/r Musik machen, die/der Lust dazu hat. Dadurch konnte das in den Vordergrund treten, was Bands in erster Linie ausmachen sollte: Der Spaß an kreativem Ausdruck und gemeinsamer Aktivität. Was Punk jedoch nicht aufgelöst hatte, war die klassische Instrumentierung. Die Vorstellung von Frauen auf der Bühne beschränkt sich meist auf ihre Position als Sängerinnen. An Instrumenten werden sie (immer noch) eher als Ausnahme wahrgenommen. Die Rolle, auf die sie festgelegt zu sein scheinen, erschwert ambitionierten Schlagzeugerinnen, Bassistinnen und sonst was Spielenden oftmals eine Bandlaufbahn. So das Beispiel einer Musikerin, die sich vor einem Gig an ihrem soeben aufgebauten Schlagzeug aufwärmt und von einem Techniker, der eben noch den Aufbau mitbekommen haben muss, gefragt wird, ob sie wüsste, wo der Drummer steckt.
Sowohl im Auftreten als auch in Texten widersprach Riot Girrrl diesem Bild und konfrontierte es mit der Thematisierung der Konstruktion von weiblicher Abhängigkeit, aber auch deren Folgen.
How many girls stay awake all night too scared to sleep and too scared to fight back (...) Come on the police aren't gonna save you they're part of the problem socie-ty gave you locking up black men for whistling in the wind (...) l wanna know what love is (...) The killers and the cops give us special advice like cross your legs and act fucking nice while they kill us old and fucking young for breathing, releaving and having fun they'll keep you scared so you have to have a boyfriend and take yr kids away if yr a la la lesbian.
Wie viele Mädchen bleiben die ganze Nacht wach, zu viel Angst davor, einzuschlafen und zu viel Angst, um zurückzuschlagen (...) Na los, die Polizei wird euch nicht retten, sie ist Teil des Problems, dass euch die Gesellschaft auferlegt hat, die Schwarze einsperrt, weil sie vor sich hin summen (...) Ich will wissen, was Liebe ist. (...) Die Killer und die Polizisten geben uns Extra- Anweisungen: Halte deine Beine zusammen und benimm dich verdammt noch mal anständig! - und gleichzeitig töten sie uns: Alte und noch verdammt Junge dafür, dass wir atmen, uns entspannen, Spaß haben sie halten dich in Angst, so dass du dir einen Freund suchen musst, und nehmen dir deine Kinder weg, wenn du eine Lesbe bist.
Der Song l wanna know what love is von Julie Ruin thematisiert patriarchale Gewalt aus einer subjektiven Position. Gleichzeitig geht es nicht nur darum, eigene Gefühle als solche zu verarbeiten, sondern auch darum, die Zusammenhänge, die patriarchale Strukturen produzieren und aufrechterhalten, aufzudecken und darzustellen. Die dargestellten Zusammenhänge verweisen darüber hinaus auf die Untrennbarkeit von «privater« und «politischer» Sphäre.
Die Verschränkung politischer und ästhetischer Praxen findet ihre Umsetzung auch im Spiel mit geschlechtsspezifischen Zuschreibungen. So nannten Kaia Wilson und Tanimy Rae Carland ihr Label Mr. Lady Records. Die Anspielung im Namen ist offensichtlich. Lady als Inbegriff des Femininen wirkt in der Kombination mit der Anrede Mr. ziemlich unpassend. Was man sich darunter dann vorstellen möchte, passt in keine vorgefertigte Schublade eines bestimmten Frauen-oder Männertyps und verweist gerade in dieser Unzuordnungsbarkeit auf die Konstruiertheit festgeschriebener Rollen, Ein ähnliches Beispiel ist die Platte Lady Man, die Kaia auf diesem Label veröffentlichte.
Auf andere Weise gingen Bikini Kill während ihrer Bühnenshows mit Geschlechtszuweisungen um. Sängerin Kathleen Hannah inszenierte sich oft als superfeminine Diva, klebte sich dazu aber noch ein Schnurrbärtchen an, was das ganze Szenario der Weiblichkeitsüberaffirmation auf den Kopf stellte.
In der ästhetisch-politischen Praxis stößt man des weiteren auf eine Reihe feministischer Aneignungsprozesse. Auf Konzerten schrieben sich die Musikerinnen häufig Parolen und sexistische Schlagworte wie Slut, Dyke oder Bitch auf den Körper und auf T-Shirts. Sinn dieser Aktionen war es zum einen, den männlich Voyeuristischen Blick aufzudecken, der auf dem »unweiblich» rockenden Körper liegt, die Zuschreibung oder Degradierung vorwegzunehmen. Gleichzeitig wurden die sexistisch abwertend gemeinten Begriffe zu positiv aufgewerteten Selbstbeschreibungen gewendet.
Zu den Selbstermächtigungsstrategien vieler Girrrls gehörte, andere als die patriarchal geprägten Räume zu besetzen. (Wer öfter mal auf Punkkonzerte geht, weiß, was gemeint ist. Viel geändert hat sich da bis heute nicht.) So spielten einige Bands zum Teil women only gigs. Selbstverständlich war es möglich, mit freien Oberkörpern, ob der Hitze auf der scheinwerferbestrahlten Bühne, zu spielen, aber auch, mit einem schwindenden Hemmungsgrad in den Moshpit zu gehen und zu rocken. Workshops und Seminare wurden organisiert.
Autarkie und Kommunikation
Die enge Verknüpfung von Musik, feministischer Theorie und der Thematisierung von persönlichen Problemen im gesellschaftlichen Zusammenhang bei gleich zeitiger Ermöglichung eines regen Austauschs untereinander machte den politischen Kern der Bewegung aus. Um sich mit anderen Grrrls austauschen und auseinandersetzen zu können, wurden Fanzines produziert. Auch diese Kommunikationsform hat ihre Ursprünge im Punk.
Der Vorteil von Zines ist, dass sie leicht selbst zu produzieren sind und ihre Herstellung nicht viel Geld kostet. Mit den Zines entstand ein Forum für spezifische Probleme von Mädchen und jungen Frauen. In der übrigen Medienlandschaft unterschlagene Realitäten wie bspw. patriarchale Gewalt, überzogene Schönheitsideale, Essstörungen, Heteronormativität, sexueller Missbrauch, Inzest oder Vergewaltigung, um nur einige zentrale zu benennen , wurden thematisiert und -wenn auch nur einem privilegierten, weil szenekundigen Publikum - zugänglich, Gleichzeitig stellten die Zines Diskussionsforen die den Netzwerkcharakter von Riot Grrrl unterstützten und festigen halfen. In ihnen wurde aufgerufen zu gemeinsamen Aktionen, bspw. Demonstrationen. Im Zentrum stand damit die Ermöchchung von Kommunikation und Kontakten, also eine Form der Vernetzung.
Gleichzeitig wurde versucht, eigene Vertriebsstrukturen zu etablieren und auch in dieser Hinsicht größtmögliche Selbstbestimmung zu erreichen. Es bildeten sich mehrere kleine Label, wie etwa Kill Kock Stars mit Sitz in Olympia/Washington, aut denen Kunstlerinnen wie Bikini Kill, Bratmobile und später auch Julie Ruin veröffentlich(t)en. Der Name spielt ganz offensichtlich auf patriarchale Strukturen im Musikbusiness an, erbost sich über die Wertvorstellung des Nach-oben Kommen" als anzustrebendes Ziel. Auf der Website des Kill Rock Stars Labels heisst es:
KRS begann 1991
damit, Spoken Word und Punkrockplatten zu veröffentlichen, motiviert von
der Liebe zu Wörtern und Musik und zu dem, wofür sie standen. Und
der Liebe zu den Leuten, die diese Musik und Spoken Word machten. Wir haben
immer versucht, den Bands möglichst viel Entscheidungsfreiheiten und Kontrolle
zu überlassen - wann und wo sie aufnehmen und mit wem; wann ihre Platten
herauskommen; welche Lieder auf der Platte sein sollen; wie das Platten
cover aussieht; in welchen Formaten sie erhältlich sind, ob es (k)eine
Textbeilage oder andere Informationen zur Platte gibt; wie viel sie kosten etc.
Es gibt eine Menge Label, die viele dieser Aspekte des Plattenproduzierens komplett
kontrollieren oder es versuchen, meist aus Profitgründen oder aus mangelndem
Respekt vor den Bands. Wir denken, das ist nicht richtig. Wir werden uns NIEMALS
an ein Major Label verkaufen und wir werden NIEMALS Platten wegen des Geldes
veröffentlichen.
Kill Rock Stars wurde zu einem oft benutzten Slogan in der Szene. Es bildeten sich Strukturen, durch die die Vermittlung feministischer Inhalte und feministischer Praxis auf dem Gebiet der Subkultur einen nicht zu ignorierenden Umfang erlangen konnte. Riot Grrrl war damit die erste dezidierte girl-subculture.
Rezeption und Brüche
Bald begann die Mainstream-Presse, sich verstärkt für das Phänomen zu interessieren. Ständig dem Zwang unterlegen, neueste News produzieren zu müssen, kam ihr Riot Grrrl durchaus gelegen. Mittels einer verzerrenden, teilweise völlig falschen, meistens stark verharmlosenden Berichterstattung stürzte sie das Movement in schwere Krisen. Das sah etwa so aus:
Riot Grrrls tragen Zöpfe, bunte Röcke oder Armyhosen und enge T-Shirts. Sie lehnen sich lautstark gegen die eingefahrenen Strukturen des Male-Chauvinismus auf. Riot Grrrls haben Bands, und auf deren Konzerten sind Männer gar nicht erst zugelassen, oder sie laufen Gefahr, von den Frauen im Publikum verprügelt zu werden.
In einem Artikel des Spiegels" aus dem Jahr 1992 werden Babes in Toyland und Courtney Love eine Schmuddelblondine, die meist im Baby Doll Kleidchen auftritt und aussehen möchte, wie eine 14-Jährige, die gerade vergewaltigt worden ist." zu übergreifenden Ikonen gemacht, zur Riot Grrrl Fraktion, die richtig Geld verdient."
Nicht zuletzt wegen dieser Zuschreibungen und der Parallelisierung Riot Grrrl-bunte, wilde Mädchen kam es spätestens ab Mitte der 90er Jahre zu einem Brüchigwerden der Bewegung
Riot Grrrl - Revolution now?
Gestorben ist Riot-grrrl daran nicht. Die Labels existieren weiterhin. Im Internet gibt es eine Menge Sites, über die heutige Riot Grrrls miteinander kommunizieren, sich Konzerte vermitteln, u.a. Zudem ist die politisch-ästhetische Praxis, derer sich Riot Grrrls bedien(t)en, teilweise immer noch oder schon wieder ziemlich aktuell, so z.B. die Gcschlechterirritationen, die einen praktischen Ansatz zu den sich gerade fast beängstigender Beliebtheit erfreuenden Diskussionen um Gender, Geschlechter-Verhältnisse und Dekonstruktion bieten. Auch die musikalische Herangehensweise bleibt ein wichtiger Anknüpfungspunkt. Auch wenn es mit dem Aufkommen von DJ-Culture und Homesoftware zum Herstellen von Musik am häuslichen Computer heute viele kleine Stars gibt und sich damit die Reihen der Musikschaffenden entzerrt haben, bleibt der Leistungsgedanke oft genug der gemeinsame Bezugspunkt, der als Motivation hinter einem großen Teil des kreativen Schaffens steckt. Dieser bleibt jedoch in der Regel unhinterfragt. Einziger Unterschied: die Karriereleiter ist kürzer geworden.
Sich gegenseitig
das Instrumente-Spielen und Geräte-manipulieren beizubringen, Zugang zum
Wissen über deren Handhabung zu verschaffen, könnte also EINE mögliche
Linie sein, die die Riot Grrrl-Bewegung weiterführt. So passiert das bspw.
bei Le Tigre.
Le Tigre,
dass sind Sadie Benning, Kathleen Hannah und Johanna Fateman. Ihre Musik ist
eine Kombination aus Punkrock und Elektro. Le Tigre sehen sich selbst als cross-
media Projekt. Neben der Musik arbeiten sie an visuals, die sie wahrend ihrer
Shows projizieren. Ihr Debütalbum veröffentlichten sie 1999 unter
dem selben Namen bei Wiiija records. Die Wege der drei hatten sich schon Anfang
der 90er-Jahre mehrfach gekreuzt. Alle waren im Riot Grrrl-Netzwerk aktiv: Kathlcen
tourte mit Bikini Kill, Sadie mit ihren Kurzfilmen, Johanna verfasste Fanzines.
Die Zusammenarbeit als Le Tigre ergab sich, als die drei zusammenkamen, um die Songs des Julie Ruin Soloprojektes gemeinsam so umzuarbeiten, dass sie live spielbar würden. Geplant war eine Tour, Johanna und Kathleen wollten gemeinsam Musik von Julie Ruin auf der Bühne darbieten, Sadie dazu Visuals machen. Aber schnell stellten sie lest, dass sie große Lust halten, neues Material zu produzieren und in einer Form zusammenzuarbeiten, die flexiblere Rollen für die einzelnen Mitglieder bereitstellt.
Zu ihrem oft als lo-fi electronic bezeichneten Sound meinen Le Tigre:
Die lo fi-Ästhetik unserer Platte ist Absicht. Ein rudimentärer, minimaler und ökonomischer Gebrauch elektronischer Instrumente gefällt uns und erscheint uns sinnvoll, da wir uns weg von der klassischen Punkrock-lnstru-mentierung zu etwas Neuem bewegen wollten. Wir haben eine Menge dazugelernt, während wir dieses Album aufnahmen und wollten diesen Prozess von Lernen und Entdecken in der Musik sichtbar machen und so darstellen, dass es für andere Leute vielleicht inspirierend sein könnte. Auf der anderen Seite haben die einfachen Songstrukturen, Beats und Loops damit zu tun, dass wir noch Neulinge in der Handhabung elektronischer und digitaler Technik sind. Wenn wir mehr lernen, wird sich unsere ganze Ästhetik wahrscheinlich verändern. Eines unserer Ziele ist, mehr über den Umgang mit der Technik zu lernen, von der wir als Mädchen unser ganzes Leben lang ausgeschlossen waren.
Trotzdem ist es auch für sie schwierig geworden, sich auf das Label Riot Grrrl zu beziehen. Gerade in der Repräsentation nach außen offenbart sich diese Schwierigkeit darin, dass der bedeutungs-, aber auch mythenaufge-ladene Begriff nicht mehr nur eine hilfreiche Klammer ist, unter der sich Gleichgesinnte vernetzen können, sondern selbst die geschlechtliche Zuschreibung mit reproduziert -ungewollt. Insofern ist es möglich, eine Menge Musik unter diesem Label zusammenzufassen, ohne dass nähere Erläuterungen dessen, was darüber hinausgehende oder hinter diesen Positionen liegende Intentionen von Künstlerinnen sind, erklärt werden müssen.
Darüber ärgert sich bspw. die frankfurter Band Mahlzahn. -Oft werden wir angerufen und für Konzerte gebucht, ohne dass die Organisatorinnen unser Demo-Tape gehört haben, früher hatten wir fast zur Hälfte Auftritte bei Frauenmusikfestivals oder women-only Gigs. Auffällig auch, dass sie meist als Frauenband" angekündigt werden, statt, wie bei gemischten oder Jungsbands üblich, mit musikalisch entsprechenden Stichworten.
Eine Form der Repräsentation von Musikerinnen zu finden, die sich nicht unter ein so ausgeschlachtetes Schlagwort subsumieren lässt, darum bemüht sich ein Projekt, dass maßgeblich von einer Hamburger Gitarristin organisiert wird.
Zie arbeitet an einem Sampler und hat bereits einige Bands angesprochen, sich daran zu beteiligen. Die Idee dazu entstand letztes Jahr in Berlin bei einem women-only Musikfestival. Dort trat auch ihre Band »You Kill me First» auf. An dem Abend fanden Konzerte unterschiedlicher Bands und offener Projekte statt. Später gab es eine Jam Session. Weil es doch eine Menge Leute gibt, die was machen, die aber zuwenig Beachtung finden und deren Schaffen sichtbar werden soll, kam ihr der Gedanke mit dem Sampler. Die Leute in den angesprochenen Bands sind überwieged Frauen, aber nicht nur. Es ist EIN Kriterium, ihnen ein Forum zu geben und damit vielleicht eine Motivation für andere nach ihnen zu schaffen. Um gleichzeitig von der Zuschreibung »Frauenbands« wegzukommen, überlegt sie, mit allen sich beteiligenden Bands Interviews zu führen, und zu dem Sampler eine Beilage mit (Selbst-) Darstellungen der Bands zu produzieren. So soll sichtbar gemacht werden, dass es die unterschiedlichsten Ansätze und Zugänge zum Musikmachen der auf dem Sampler Vertretenen gibt.
Ziel bleibt auf
musikalischem Gebiet, dass es egal ist, wer auf (oder vor) der Bühne steht.
Das geht natürlich nur dann, wenn Frauen nicht mehr als Exoten, sondern
als gleichberechtigte Musikerinnen wahrge
nommen werden. Um dies zu erreichen, müssen sie präsent sein, dürfen
aber nicht darauf reduziert werden. Diese Gratwanderung zu leisten bleibt die
große Aufgabe künstlerisch-feministischer Praxis auch weiterhin.
Schwierig dabei: Es wird immer an einem sicheren Ort fehlen, jeder Ort wird
über die Dauer zur Schublade. So muss feministische Strategie in der Popkultur
ständiger Reflexion unterliegen, aber auch mit Widersprüchen leben.
Es gilt abzuwägen, inwieweit eine Praxis emanzipatorisches Potential entfalten
kann, wenn eine gleichzeitige Zuschreibung eher zementierte, bewegungslos aufgesogene
Rollen schafft. Riot Grrrl befindet sich in genau jenem Widerspruch.
bhangradasch
Es hat mich lange
schon nichts so sehr berührt
wie diese
team dresch platte
als ich aus
dem laden kam
war ich froh
daß ich sie hatte
diese harmonie,
diese wunderbaren lieder
ich fand
mich sofort in diesen liedern wieder
und ich weiß,
sie singt nicht für mich ich weiß, und trotzdem glaube ich
daß
ich sie verstehen kann, obwohl ich bin ein mann, und trotzdem finde ich sie
super
ich habe sie dann
gleich meiner freundin vorgespielt
und die fand
sie garnicht so toll
ich glaube
auch ich weiß woran das liegt, denn sie schreiben ihre lieder vorwiegend
in moll
und ich weiß,
sie singt nicht für mich
ich weiß,
und trotzdem glaube ich
daß
ich sie verstehen kann, obwohl ich bin ein mann, und trotzdem finde ich sie
super
songtext von tocotronic