Zur Lage in der Türkei
Hallo und Guten Tag,
da uns die Veranstaltung und Kundgebung zum Todesfasten in der Türkei zeitlich etwas eingespannt haben, reicht es in dieser Ausgabe leider nur zu einem Pressespiegel über die aktuelle Situation in der Türkei. Aber wir haben uns vorgenommen, die Inhalte der Diskussion noch einmal zu sammeln und hier (vielleicht schon in der Februar-Ausgabe?) zu veröffentlichen. Zudem haben wir viele Reaktionen aus anderen Städten zu unserem Diskussionspapier erhalten und freuen uns auf weitere Meinungen dazu. Also, bis zum nächsten Mal und nochmal Danke an alle die uns in der Woche vom 10.12. -15.12. 01 so nett und tatkräftig unterstützt haben. Hat echt Spass gemacht!
Bündnis gegen Isolationsfolter
Kontakt: Bündnis gegen Isofolter; c/o Alhambra, Hermannstr.83, 26135 Oldenburg
Tel: 0441/14402; Fax: 0441/2488660; e-mai: buendnisgegenisofolter@yahoo.de
junge Welt, 21.11.2001
Teile Istanbuls unter Kriegsrecht: Wie ist die Lage nach der Polizeiaktion?
jW sprach mit Eva Zeller von Prison Right Watch
Interview: Peter Nowak
Mitglieder von Prison Right Watch besuchten in den letzten Tagen Istanbul, um sich über die Lage der Menschenrechtsorganisationen nach den jüngsten Polizeiangriffen gegen »Widerstandshäuser« im linken Stadtteil Kücük Armutlu zu informieren. Eva Zeller war Teilnehmerin der Delegation
F: In der vergangenen Woche wurde der von linken Gruppen geprägte Istanbuler Stadtteil Kücük Armutlu zweimal von einem Großaufgebot der Polizei angegriffen. Wie ist die Situation in Istanbul?
Nach den Aktionen, die sich gegen die Widerstandshäuser richteten, ist der Stadtteil zur Zeit komplett von der Polizei besetzt. In diesen Häusern werden Angehörige von politischen Gefangenen im Hungerstreik betreut.Derzeit dürfen nur die Bewohner das Viertel betreten. Selbst Anwälten wird jeder Zutritt verweigert. Journalisten können nur mit Erlaubnis der Polizei das Viertel betreten und werden dann von einer Einheit durch das Viertel geleitet. Jedesmal, wenn die Bewohner das Viertel verlassen oder betreten wollen, werden sie kontrolliert. Verdächtige können für mehrere Tage auf ein Polizeirevier zum Verhör mitgenommen werden. Die Polizei hat ein Haus im Stadtteil zur Polizeistation umgewandelt und blau angemalt. Die Bewohner wurden einfach vor die Tür gesetzt. Auf fast jedem Dach befinden sich Scharfschützen und Spezialeinheiten. 24 Stunden am Tag fahren Panzer durch das Viertel und ständig patrouillieren Polizeieinheiten. Willkürlich werden Hausdurchsuchungen durchgeführt und Menschen in ihren Häusern angegriffen. Alle Telefonverbindungen werden von einer Spezialeinheit abgehört. Sämtliche politischen Parolen, die auf Häuserwänden standen, wurden übermalt. Die Bewohner von Kücük Armutlu befinden sich, obwohl sie in einem Stadtteil mitten in Istanbul leben, in einem Gefängnis.
F: Gibt es mehr Informationen über die Zahl der Toten und Verletzten der letzten Militäraktion?
Kücük Armutlu wurde innerhalb weniger Tage zweimal angegriffen. Bei diesen Angriffen kamen vier Menschen ums Leben. Alle vier wurden bei der Erstürmung eines Widerstandshauses erschossen, in dem Hungerstreikende betreut wurden. Alle Opfer waren Mitglieder der Organisation der Angehörigen politischer Gefangener, TAYAD: Der 28jährige Sultan Yildiz, der 27-jährige Bülent Durgac, die 20jährige Arzu Güler, die sich im Todesfasten befand, und der 20jährige Baris Kas. Der Todesfastende Haydar Bozkurt verbrannte sich aus Protest gegen die Angriffe. Er stellte sich Polizei und Militär in den Weg und rief: »Stoppt das Massaker oder ich werde mich selbst verbrennen!« Dann zündete er sich an und lief auf die angreifenden Einheiten zu, die sofort auf ihn schossen. Er wurde von mehreren Kugeln getroffen. Viele Menschen wurden bei den Angriffen verletzt. Eine genaue Zahl ist nicht bekannt. Nach dem ersten Angriff gab es bereits zwölf Verletzte.
F: Es gab auch mehrere Festnahmen von Unterstützern der Gefangenen. Sind die mittlerweile wieder freigelassen worden?
Die Mitglieder des TAYAD-Sekretariats in Armutlu wurden verhaftet und bis jetzt noch nicht freigelassen. Die Verhaftungen begannen während der Angriffe und gehen bis jetzt weiter. Täglich werden Unterstützer der Gefangenen verhaftet. Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Alle Menschen, die während des Angriffs Widerstand leisteten, wurden verhaftet. Die Widerstandshäuser wurden zerstört. Zur Zeit befinden sich weder Todesfastende noch Angehörige des TAYAD in Armutlu. Sie alle wurden verhaftet und nur teilweise wieder entlassen.
F: Wie geht der Gefangenenwiderstand nach der Räumung der Widerstandshäuser weiter?
Wir konnten den Todesfastenden Özkan Güzel besuchen, der während des ersten Angriffs verhaftet und in ein Militärkrankenhaus gebracht worden war. Derzeit befindet er sich wieder bei seiner Familie und setzt seinen Widerstand fort. Mehrmals täglich wird seine Familie von der Polizei belästigt. Auch alle anderen Todesfastenden setzen ihren Widerstand in den Gefängnissen oder bei ihren Familien fort.
Bremer Nachrichten, 29. November 2001
Folter als Wesen des Staates" Äußerungen über türkischen Nationalcharakter sorgen für Aufsehen
Von unserer Korrespondentin Susanne Güsten
Istanbul.
Für alle, die auf durchgreifende Veränderungen in der Türkei im Zuge der EU-Kandidatur hoffen, hat Sevket Bülent Yahnici eine kalte Dusche parat. Selbst wenn die Türkei alle EU-Kriterien erfüllt, werden wir trotzdem weiter foltern", sagt der Vize-Chef der rechtsgerichteten türkischen Regierungspartei MHP. Die Folter ist uns zum Wesensbestandteil geworden." Menschenrechtler geben dem europakritischen MHP-Politiker durchaus Recht: In der Türkei herrscht eine Kultur der Gewalt, die vom Staat verniedlicht und verteidigt wird.In einem Interview gab Yahnici ein typisches Beispiel für den Umgang der Behörden mit der Folter: Er erinnerte daran, dass die Regierung das Folterverbot im Paragraph 243 des türkischen Strafgesetzbuches verschärft hatte, aber: Dann kam der Polizeichef in den Justiz-Ausschuss und sagte: ,Amnestiert alle meine Leute, die nach dem 243er verurteilt wurden.'" Mit anderen Worten: Folterer werden nicht bestraft, sondern von den Vorgesetzten in Schutz genommen. Dass Yahnici freimütig über die Folterpraxis spricht, macht ihn zwar längst nicht zu einem Freund der EU oder zu einem Verfechter entschiedener Reformen, im Gegenteil: Der nationalistische Politiker wirft der EU vor, von der Türkei Unmögliches zu verlangen und teilweise dieselben Forderungen zu erheben wie die Kurdenrebellen von der PKK. Doch Yahnicis Unverblümtheit schafft eine in der Türkei seltene Atmosphäre der Offenheit bei einem sensiblen Thema, das von anderen Politikern in Ankara lieber totgeschwiegen wird. Die Türken sind von ihren Regierungsvertretern die Aussage gewohnt, es gebe keine systematische Folter.Dabei sprechen die Zahlen für sich. Dem türkischen Innenministerium zufolge wurden in den vergangenen zwei Jahren Verfahren gegen knapp 5000 Polizisten wegen Misshandlung und Folter eingeleitet; verurteilt wurdengerade einmal 190 Beamte. Nach einer Statistik des Menschenrechtsvereins IHD lag die Zahl der Fälle von Folter und Misshandlungen in den ersten neun Monaten des Jahres bei 762, das sind rund 40 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum vor zwei Jahren und damit vor der Anerkennung der Türkei als EU-Kandidat. Die Europäische Union habe Recht mit ihrer Aussage, dass es in der Türkei keine Fortschritte im Menschenrechtsbereich gegeben habe, erklärte der IHD.Die wegen ihres Engagements gegen die Folter bekannt gewordene Parlamentsabgeordnete Sema Piskinsüt stimmt dem zu. Jahrelang habe sich die Kultur der Gewalt in der türkischen Gesellschaft ausgebreitet, sagt sie. Piskinsüt bekam am eigenen Leib zu spüren, wie schwer es ist, dagegen anzugehen. Sie wurde als Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Parlament abgesetzt, nachdem sie Folterfälle im ganzen Land öffentlich angeprangert hatte. Inzwischen droht ihr sogar ein Prozess. Für den Journalisten Erbil Tusalp ist die Geisteshaltung der Politiker der Hauptgrund für die Folter: Das Wesen, von dem hier die Rede ist, ist das Wesen des Staates". Doch es sind nicht nur die Politiker, die bei Verbrechen von Staatsvertretern die Täter plötzlich vergessen. Der Ehemann einer Frau, die vor kurzem von einem Polizisten vergewaltigt und deren Fall durch die Medien bekannt wurde, muss sich von der eigenen Verwandtschaft die Frage gefallen lassen, wie er mit einer auf diese Art befleckten" Frau weiter zusammenleben könne. Er sei sogar schon aufgefordert worden, seine Frau zur Wiederherstellung der Ehre" zu töten, berichtete Eyüp Bozaci. Von Drohungen gegen den Polizisten ist nichts bekannt.
Stoppt das Sterben
Yedinci Gündem online vom 12.12.2001
ISTANBUL
In der Istanbuler Zweigstelle des IHD haben heute IHD sowie AnwältInnen und Angehörige von Gefangenen eine Presseerklärung abgegeben, in der sie darauf hingewiesen haben, dass die von den Anwaltskammern vorgeschlagene Formel Drei Türen - drei Schlösser" keine Veränderung in der Architektur der Gefängnisse vorsehe, sondern damit lediglich die Schlösser von jeweils drei Türen geöffnet werden. Sie forderten das Justizministerium auf, eine sofortige Anwort auf diesen Vorschlag zu geben.
RA Gülseren Yoleri, die für den IHD die Erklärung verlas, teilte mit, dass seit dem 19. Dezember bis heute 82 Personen gestorben ist. Davon sind 42 Personen im Todesfasten gestorben, 32 Personen bei der Operation vom 19.12., eine Person durch falsche medizinische Behandlung, drei Personen bei der Operation in Kücükarmutlu, drei Personen durch Selbstverbrennung. Hunderte haben irreparable Schäden erlitten. Immer noch werden in sechs F-Typ-Gefängnissen ca. 2000 Person in Isolation gehalten. 172 Personen in den Gefängnissen und fünf Personen draussen setzen das Todesfasten fort, damit diese Isolation aufgehoben wird."
Die Formel `Drei Türen - drei Schlösser'
Göksel Arslan, eine der Anwältinnen der Gefangenen, erklärte, dass die Gefangenen die Formel `Drei Türen - drei Schlösser' angenommen hätten. Die Erklärungen des Justizministeriums dazu entsprächen nicht den Tatsachen. Mit dieser Formel wird die Architektur der Gefängnisse nicht verändert, wie es das Justizministerium behauptet hat. Das einzige was entsprechend dieser Formel getan wird, ist die Schlösser von jeweils drei Zellentüren zu öffnen, in denen sich jeweils drei Gefangene befinden, so dass jeweils neun Gefangene zusammen kommen können. Wenn dem nicht entsprochen wird, werden 375 Gefangene im Todesfasten ihr Leben verlieren." (...)
Türk: Kein Dialog
Özgür Politika, 13.12.2001
ANKARA
Während Justizminister Hikmet Sami Türk eine negative Antwort auf den Aufruf verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen zu einem Dialog für die Beendigung des Todesfastens" gegeben hat, begannen gleichzeitig die Prozesse gegen die Beteiligten an der Gefängnisoperation vom 19. Dezember 2000.Bei der Unterzeichnungszeremonie eines Protokolls zwischen Justizministerium und Staatsministerium für Jugend und Sport zur Regelung von sportlichen Aktivitäten für Gefangene wies Türk den von vier Anwaltskammern hervorgebrachten Vorschlag eines Dialoges zur Beendigung des Todesfastens zurück und erklärte: Der angesprochene Dialog bedeutet, sich mit den Hungerstreikenden und Todesfastenden an einen Tisch zu setzen und zu verhandeln. Von einer solchen Verhandlung kann nicht die Rede sein."Die Anwaltskammern hatten mitgeteilt, dass die Gefangenen dem Vorschlag zugeneigt seien, die Türen von jeweils drei nebeneinanderliegenden Zellen offen zu halten. Daraufhin war in der Öffentlichkeit die Hoffnung aufgekeimt, das Todesfasten könne über einen Dialog zwischen Justizministerium und Gefangenen gelöst werden.Prozesse gegen OperationsbeteiligteIm Prozess gegen 615 Jandarma, Polizisten und Gefängnisangestellte wegen Misshandlung von Gefangenen" während der Operation in 20 Gefängnissen am 19.12.2001 hat die erste Hauptverhandlung vor dem 3. Strafgericht Eyüp stattgefunden. Die Angeklagten wiesen die Anschuldigung zurück und die Verhandlung wurde zur Vervollständigung der Aussagen der Angeklagten vertagt. (...)
Lebendig verbrannt
Vor einem Jahr stürmte das türkische Militär Gefängnisse.
Keine Konsequenzen für Verantwortliche
junge Welt, 20.12.2001
Peter Nowak
Panzer drückten Gefängnismauern ein, vermummte Soldaten schossen auf wehrlose Gefangene: Am 20.Dezember 2000 stürmten schwerbewaffnete Militärs mehr als 20 Gefängnisse in der Türkei. Ausgerüstet waren sie, als gelte es, ein fremdes Land zu erobern. Trotzdem brauchten sie teilweise mehr als zwei Tage, um die Barrikaden der Gefangenen zu durchbrechen.Die Bilanz waren 28 tote Gefangene, die von den Militärs erschossen oder erschlagen wurden. Andere erstickten im Rauch oder verbrannten in einem in die Zellen geschossenen Gasgemisch. Ein Bild ging in jenen Tagen durch die Weltpresse: Eine Frau, deren verbranntes Gesicht notdürftig mit einer weißen Salbe eingepinselt wurde, schrie beim Einstieg in den Ambulanzwagen: »Sie verbrannten mehre Frauen bei lebendigen Leib.« Alle Gefangenen wurden danach in Isolationszellen gebracht, wo die Folter weiterging. Die türkische Regierung hatte ihr Ziel, die Gefangenenkollektive zu zerschlagen, scheinbar erreicht.Doch das Todesfasten von Hunderten Gefangenen und unterstützender Angehöriger geht bis zum heutigen Tag weiter und hat bis bislang 81 Tote gefordert. Hunderte Gefangene haben durch die Zwangsernährung das Gedächtnis verloren und irreperable gesundheitliche Schäden davongetragen.Ankara behauptete zunächst, daß sich die Gefangenen selbst verbrannt hätten. Wenige Monate später wurde die staatliche Version von einer vom Parlament einberufenen Untersuchungskommission widerlegt. Sie bestätigte in allen Punkten die Angaben der Gefangenen, daß sich das leicht brennbare Gas in den kleinen Zellen selbst entzündet hatte. Doch Konsequenzen hatte der Bericht nicht. Die einzigen, die wegen der Ereignisse vom Dezember 2000 neue Verfahren bekommen hatten, waren die überlebenden Gefangenen. Sie wurden vor den Staatssicherheitsgericht wegen Aufruhr und Zerstörung von Gefängniseigentum angeklagt.
Aargauer Zeitung (Schweiz)
vom 20.11.2001
Frau hungerte sich zu Tode
Der Hungerstreik linksextremer Häftlinge in der Türkei hat erneut ein Menschenleben gefordert. Die 26-jährige Tülay Korkmaz starb am Montag in einem Spital in Istanbul.
In Spitalpflege gebracht
Wie die türkische Nachrichtenangentur Anatolien am Montag meldete, war die Frau wegen ihres kritischen Gesund-heitszustandes in Spitalpflege überführt worden. Damit hat das so genannte Todesfasten von Mitgliedern und Sympathisanten der Revolutionären Volksbefreiungspartei/Front (DHKP/C) bereits 42 Menschen das Leben gekostet.
Protest gegen Isolationshaft
Fast 40 weitere starben bei Zusam-menstössen, Anschlägen und Selbstverbrennungen, die im Zusammenhang mit dem Hungerstreik standen. Mit dem vor mehr als einem Jahr begonnenen Hungerstreik protestieren die Linksextremisten gegen die angebliche Isolationshaft in den neuen türkischen Hochsicherheitsgefängnissen. (sda/heh)
Massaker-Staatsanwalt in Beobachtungsausschuss
Özgür Politika vom 06.12.2001
IZMIR
Nach Anwälten, die die Folterer von Manisa verteidigen, und Richtern, die die Folterer freigesprochen haben, ist jetzt auch noch ein Staatsanwalt in den neugegründeten Haftanstalten-Beobachtungsausschuss" berufen worden, der in Izmir ein Massaker durchführen liess.
Wie der Vorsitzende der Anwaltskammer Izmir mitteilte, seien die entsprechenden Gesetzestextes ohne die Vorschläge von zivilgesellschaftlichen Organisationen und betreffenden Berufskammern zu beachten, erstellt worden. Die Anwaltskammer hat für den Beobachtungsausschuss fünf Kollegen vorgeschlagen. Dass unsere Vorschläge nicht angenommen worden sind, haben wir sehr bedauert. Stattdessen ist dieses Amt einer Person übergeben worden, die 1995 zum Zeitpunkt der Vorfälle, bei denen im Gefängnis Buca drei Gefangene getötet wurden, das Amt des Oberstaatsanwaltes von Izmir innehatte. Dieses Vorgehen weckt Zweifel an der Aufrichtigkeit der Verwaltungskreise, die diese Person mit der Aufgabe betrauen, die Gefängnisse der gesellschaftlichen Kontrolle zu öffnen. (...)"
Gefangene fordern Untersuchungsabordnung
Özgür Politika vom 06.12.2001
MHA/ISTANBUL
Die Gefangenen in Gebze haben darauf hingewiesen, dass im Gefängnis die Umbauarbeiten zum Kleinzellensystem begonnen habe und diese Situation eine Bedrohung ihrer Gesundheit darstelle. Sie fordern die Inspizierung des Gefängnisses durch eine ausgebildete Abordnung.
Im Namen der PKK- und PJA-Gefangenen gaben Haci Celik und Dilek Öz eine schriftliche Erklärung ab, in der sie mitteilen, dass einhergehend mit der Verlegung einer Gruppe von Gefangenen in ein anderes Gefängnis Umbauarbeiten begonnen worden sind, mit denen die Grosszellen in drei Kleinzellen umgewandelt werden. Diese Kleinzellen seien nicht dazu geeignet, darin zu leben, so heisst es in der Erklärung. Da die Grosszellen provisorisch und unter Nichtbeachtung architektonischer Bedingungen geteilt werden, stellt das Leben in den errichteten Kleinzellen eine Gefahr für die Gesundheit dar." Weiter wird in der Erklärung darauf hingewiesen, dass das neue System auf Isolation aufbaue und keine Möglichkeit lasse für eine Kommunikation zwischen den Zellen sowie soziale und sportliche Aktivitäten. Die Gefahr, die von den Zellen ausgehe, könne von einer kompententen Untersuchungskommission ohne weiteres festgestellt werden. Aus diesem Grund fordern wir die Untersuchung der Zimmer" - wie die Zellen genannt werden - durch eine kompetente Abordnung." Falls dem nicht stattgegeben werden, sei für alle negative Vorkommnisse das Justizministerium und die Gefängnisleitung verantwortlich zu machen.
Bedeutungsvoller Schritt von Gefangenen
Yedinci Gündem online vom 07.12.2001
ISTANBUL
Wie die Vorsitzende des IHD Istanbul Eren Keskin mitgeteilt hat, ist der Vorschlag der Vorsitzenden der An-waltskammern Istanbul, Ankara, Izmir und Antalya für die F-Typ-Gefängnisse, der unter dem Begriff Drei Türen, drei Schlösser" zusammengefasst wird, von Gefangenen akzeptiert worden. Keskin forderte das Justizministerium zur Beantwortung des Vorschlages auf.
Vor der Istanbuler Zweigstelle des IHD fand heute um 13 Uhr ein stiller Sitzprotest" der Angehörigen der todesfastenden Gefangenen statt. An der Aktion beteiligten sich ca. 20 Angehörige. Eren Keskin hielt eine Ansprache, in der sie erklärte, die Gefangenen hätten den Lösungsvorschlag der Anwaltskammern angenommen. Das Justizministerium sei zur sofortigen Initiative aufgefordert.
Der Drei Türen, drei Schlösser" genannte Lösungsvorschlag sieht vor, dass die Türen von jeweils drei neben-einanderliegenden Zellen offen gehalten werden und die Gefangenen dieser Zellen miteinander in Kontakt treten können.
yedinci gündem online vom 19.12.2001
ISTANBUL
Beim Angriff der Polizei auf eine Gruppe, die aus Protest gegen das Gefängnismassaker vom letzten Jahr am 19. Dezember vor dem Gefängnis Bayrampasa in Istanbul eine Presseerklärung abgab, ist es zu ca.30 Festnahmen gekommen.
Bei der ca. 80köpfige Gruppe handelte es sich u.a. um Mitglieder von IHD, HADEP, ÇHD, Volkshäuser, ÖDP, TUYAP und TAYAD sowie Gefangenenangehörige. Die Presseerklärung wurde von der Vorsitzenden des IHD Istanbul, Eren Keskin, verlesen. Sie betonte dabei, dass die Operation vom vergangenen Jahr auf gleichzeitig zwanzig Gefängnisse, bei der die Gefängnisse mit den Gefangenen niedergebrannt wurden und damit im Namen einer Reform" zum F-Typ-Gefängnis ein historisch unvergleichliches Massaker begangen wurde, nicht vergessen sei. Wir haben auch nicht vergessen, wie mit Verboten, Sanktionen und Terror über die Fernsehkanäle das Grauen der gesamten Bevölkerung gezeigt wurde und wie die Gesellschaft damit zum schweigen gebracht und wirkungslos gemacht wurde. Wir haben nicht vergessen, wie dieses Massaker mit tragikomischen Lügen verheimlicht und die Öffentlichkeit mit zensierten Meldungen getäuscht wurde. Wir haben nicht vergessen, wie wir tagelang versucht haben, die verbrannten und zerfetzten Leichen zu identifizieren, und wir haben den Schmerz dabei nicht vergessen." Die Verantwortlichen für das Massaker vom 19. Dezember seien als Verbrecher an der Menschheit in die Geschichte eingegangen. Ausgehend von der Tatsache, dass Isolation ein Verbrechen an der Menschheit ist, wird unsere Forderung andauern, bis die F-Typ-Gefängnisse abgeschafft sind. Das Justizministerium darf seine Ohren nicht vor den gemachten Vorschlägen verschliessen. Der Vorschlag der vier Anwaltskammern Drei Türen, drei Schlösser" ist ein Lösungsvorschlag, um das Sterben zu stoppen. Es muss ein Dialog für eine Lösung begonnen werden."
Im Anschluss an die Abgabe der Erklärung griff die Polizei die Gruppe mit Schlagstöcken an und nahm ca. 30 Personen fest.