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“Abmelden bis Zumutbarkeit“

Tipps und Hinweise für Arbeitslose
Zusammengestellt von B-lex, Köln

 

Abmelden
Bei gelegentlicher selbständiger Tätigkeit ist eine Abmeldung beim Arbeitsamt günstiger als eine Anmeldung von Nebeneinkommen.
Ihr könnt euch formlos (telefonisch) beim Arbeitsamt abmelden, z.B. für eine Woche und in dieser Zeit Einkommen gleich welcher Höhe erzielen. Viele setzen diese Möglichkeit auch ein, um dann und wann Eigenaktivität zu demonstrieren und ungeliebten Trainingsmaßnahmen, Profilings etc. zu entkommen.
Wenn die dem AA mitgeteilte Unterbrechung nicht länger als sechs Wochen dauert wird das Arbeitslosengeld (Alg)/ Die Arbeitslosenhilfe (Alhi) automatisch weiter bewilligt. Achtung: Während der Abmeldung seid ihr nicht krankenversichert! Es besteht die Möglichkeit, mit der Krankenkasse für diese Zeit einen freiwilligen Versicherungsbeitrag zu vereinbaren.

Anwartschaftszeiten, geänderte
Seit Januar 2003 gelten der Bezug von Mutterschaftsgeld und die Erziehung eines Kindes unter drei Jahren als versi-cherungspflichtige Zeit - d.h man erwirbt sich damit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Gilt allerdings nur für Personen, die unmittelbar vorher gearbeitet oder bereits Geld vom Arbeitsamt bezogen haben.

Arbeitslosmeldung, frühzeitige
Seit dem 1.7.2003 gibt es eine neue Sanktionsmöglichkeit des Arbeitsamtes. Arbeitnehmerinnen sind seitdem verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis der Kündigung beim Arbeitsamt ar-beitssuchend zu melden. Bei befristeten Verträgen 3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei verspäteter Meldung wird für jeden verstrichenen Tag ein Teil des Arbeitslosengeldes einbehalten (bei einem Bemessungsentgelt von bis zu 700 Euro sind dies 35 Euro für jeden Tag der verspäteten Meldung, höchstens aber 1.050 Euro)

Bedürftigkeitsprüfung
Die Bedürftigkeitsprüfung bei der Arbeitslosenhilfe wurde 2003 verschärft, wohl schon als Vorgeschmack auf die bevorstehende Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und Sozialhilfe.
Beider Vermögensanrechnung liegt der Freibetrag bei 200 Euro pro Lebensjahr, bzw. max.13.000 Euro. Das scheint viel zu sein, ist es aber nicht, wenn man eine private Rentenversicherung oder ähnliches angespart hat. Für eine 40-jährige Arbeitslose ist somit ein Vermögen von 8.000 Euro geschützt. Übersteigt der Rückkaufswert einer Lebensversicherung den Freibetrag, dann zahlt das Arbeitsamt nichts (Ausnahmen gibt es für die „Riester-Rente“ und für Leute die von der Rentenversicherungspflicht befreit sind).
Nun gibt es erste Gerichtsurteile. Die Gerichte halten die Verwendung dieses Vermögens für „offensichtlich unwirtschaftlich, wenn es dem Arbeitslosen dadurch erschwert wird eine angemessene Altersicherung aufrecht zu erhalten“.
Daher lohnt sich auf jeden Fall ein
Widerspruch.
Wenn ihr mit einem Partner, einer Partnerin zusammenlebt wird deren Einkommen mit angerechnet. Auch hier wurde der Freibetrag kräftig gekürzt. In der Regel gilt, dass der Partner einen Feibetrag von 482,33 Euro monatlich hat. Alles andere wird mit der Alhi verrechnet.
Wichtig: Das Einkommen oder Ver-
mögen der Eltern und Kinder, auch wenn diese mit im Haushalt leben, spielt bei der Alhi keine Rolle.
Beim Arbeitslosengeld II wird sich in dieser Hinsicht noch viel ändern.

Beistand
Ihr könnt euch zur Unterstützung bei Ämtergängen jederzeit einen Beistand mitnehmen (Freund oder Freundin, jemand, der sich auskennt etc.). Dieser Beistand ist berechtigt, sich zu äußern. Seine/ihre Äußerungen besitzen den gleichen Stellenwert wie eure, es sei denn, ihr widersprecht ihm/ihr.
Es klingt eigentlich simpel, aber der Beistand ist eins der wichtigsten Mittel, um unangenehme Sachbearbeiterinnen auf den Teppich zu bringen. Wir raten, in kniffligen Situationen (Verfolgungsbetreuung) nie allein aufs Amt zu gehen!

E 303
Ab in den Süden! Hinter E303 verbirgt sich nichts giftiges sondern eine heilsame Sozialleistung. Ihr könnt mit Ihrem Alg/Alhi für drei Monate ins europäische Ausland reisen - zur Arbeitssuche. Dafür müsst ihr das Antragsformular E 303 ausfüllen. Es ist indes gleichgültig, ob in diesem Land die Arbeitsmarktsituation genauso schlecht oder gar schlechter ist. Ihr habt einen Rechtsanspruch auf diese Leistung. Zu beachten ist lediglich, dass ihr nach dem Antrag eine 4-wöchige Wartefrist einzuhalten haben, in der ihr dem deutschen Arbeitsmarkt noch zur Verfügung stehen müsst.
Nach der Abmeldung vom hiesigen AA müsst ihr euch innerhalb von sieben Tagen bei der Arbeitsverwaltung im jeweiligen Land melden. Dieses zahlt dann auch das Geld aus.
Wenn ihr nach drei Monaten keinen Job gefunden habt müsst ihr euch vor Ablauf der drei Monate beim AA in Deutschland wieder zurückmelden, sonst ist euer Anspruch auf Alg/Alhi verloren.
Tipp: Ihr könnt während einer Phase der Arbeitslosigkeit euer Geld nur einmal mit auf die Reise nehmen. Erst wenn die Arbeitslosigkeit durch eine neue Beschäftigung unterbrochen worden ist kann man wieder einen neuen Antrag stellen (auch hier gilt eine 4-wöchige Wartefrist). Es ist allerdings egal, um was für eine Arbeit es sich handelt - es genügt jede, auch eine kurzfristige Beschäftigung.

Ich-AG
Der gegenwärtige Renner unter den bewilligten Arbeitsamtsleistungen.
Arbeitslose, die sich selbständig machen wollen, erhalten im ersten Jahr vom Arbeitsamt einen Zuschuss von 600 Euro pro Monat, im 2. Jahr von 360 Euro und im 3. Jahr von 240 Euro. Immer vorausgesetzt, dass nicht mehr als 25.000 Euro jährlich eingenommen werden.
Allerdings muss man sich selbst krankenversichern und man ist rentenversicherungspflichtig. Im Schnitt braucht man nur für die Versicherung monatlich 430 Euro (Rentenversicherung 230Euro, Krankenkasse 200Euro, Pflegeversicherung 20Euro).
Die Ich-AG ist die einzige Neuerung, die bislang in Anspruch genommen wird, alle anderen Vorschläge sind gefloppt (Vermittlungsgutschein, Mainzer Modell, Job-Aqtiv Gesetz- was war das noch mal?), obwohl die ICH-AG bei näherem Hinsehen kaum lukrativ ist. Interessant ist auch, dass das Arbeitsamt sich gar nicht dafür interessiert, womit sich die Arbeitslosen eigentlich selbständig machen wollen. Wo man beim Überbrückungsgeld noch ein Unternehmenskonzept vorlegen musste, wird die Ich-AG sofort bewilligt. Wo das hinfuhrt zeigt eine Meldung aus der Sueddeutschen vom 23. 08. 2003: „Pleitewelle bei den Haushalten - Über 13.000 Verbraucher-Insolvenzen in fünf Monaten“.
Gut zu wissen, dass auch nach drei Jahren ein Restanspruch an Alg wieder aufleben kann.

Mini-Jobs
Von den Mini -Jobs hatte sich die Bundesregierung ein Job-Wunder erträumt, was jedoch die Arbeitslosen herzlich wenig betrifft. Zwar kann man von nun an 400 Euro steuerfrei verdienen, bei unbegrenzter Stundenzahl (bisher durften es nicht mehr als 15 Stunden die Woche sein). Das gilt nur für Personen, die schon eine Hauptbeschäftigung haben. Hier wird der Trend zum Zweitjob steuerlich gefördert. Für Arbeitslose hingegen bleibt der oben beschriebene Freibetrag für Nebeneinkommen mit 165 Euro unverändert. Den Rest kassiert das Arbeitsamt.
Grundsätzlich ist man durch einen Mini-Job bis 400 Euro weder kranken-, noch renten- oder arbeitslosenversichert. Für verheiratete Menschen mit Familienversicherung kann es eine Möglichkeit zum Zuverdienst sein.
Besonders fies: Wenn Arbeitslose einen Minijob annehmen und mehr als 15 Stunden die Woche arbeiten, gelten sie beim Arbeitsamt gar nicht mehr als arbeitslos und das Arbeitslosengeld wird gestoppt.

Midi-Jobs
Bei Beschäftigungen mit einen Einkommen von 400,1 Euro aufwärts bis 800 Euro gibt es eine neues Job-Modell. Hier entstehen Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich. Um sie für die Arbeitnehmer-Seite schmackhaft zu machen, müssen diese weniger Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Der Beitagsatz liegt bei 4%, wenn die Gehälter knapp über 400 Euro betragen, er steigt linear an auf den regulären Satz von ca.25%. Beispiel: Bei einem Lohn von 600 Euro zahlt der Arbeitnehmer einen Beitragsanteil von 91,70 Euro.

Nebeneinkommen
Damit euer Nebeneinkommen in der eigenen Tasche bleibt:
Regulär gibt es einen monatlichen Freibetrag von 165,- Euro bzw. 20% des Arbeitslosengeldes (Alg)/ Arbeitslosenhilfe (AlM) - man muss kurz rechnen. Bei einem relativ hohen Alg betragen 20% manchmal mehr als 165,- Euro.
Zusätzlich könnt ihr Werbungskosten absetzen, wenn diese mit dem Nebeneinkommen in Verbindung stehen und ihr diese mit Quittungen belegen könnt. D.h. jeden Euro, den ihr als Ausgabe nachweist, dürfen ihr voll behalten - bis zur Höhe von 410 Euro.
Als Ausgaben gelten Fahrtkosten, Berufsbekleidung, etc.
Wenn der Job von zuhause ausgeübt wird solltet ihr euch überlegen: Ist euer Computer optimal ausgestattet? Braucht ihr einen neuen Drucker? Ist ein Internetanschluss notwendig?
Bei sog. „Aufwandsentschädigungen“ die für ehrenamtliche oder nebenberufliche Tätigkeiten gezahlt werden, kassiert das Arbeitsamt grundsätzlich nicht mit. Dies gilt allerdings nur bei nicht gewinnorientierten Unternehmen, z.B. Schulen, Volkshochschulen, Vereinen, Berufsverbänden etc. und nur bis zu einer Höhe von 1.848 Euro im Jahr. Auch hier bleiben die ersetzten Reise- und Werbungskosten anrechnungsfrei.

Überbrückungsgeld
Eine weitere Hilfe zur Existenzgründung. Das Überbrückungsgeld wird für 6 Monate in Höhe des Alg/Alhi ausgezahlt plus Sozialversicherungsbeiträge. Das Alg verbraucht sich in dieser Zeit nicht.
Wohngeld
Es lohnt sich, ergänzend zu Alg/Alhi einen Antrag auf Wohngeld zu stellen. Bei sinkenden Alhi-Bezügen steigt tendenziell der Wohngeldanspruch. Nach den Gesetzesverbesserungen im Wohngeldgesetz 2001 haben vor allem Alleinerziehende bessere Karten.

Zumutbarkeit
Seit 1.4.1997 müssen Arbeitslose jede zumutbare Beschäftigung annehmen, auch wenn diese nicht ihrer Qualifikation oder ihrer bisherigen Tätigkeit entspricht.
Was allerdings ist zumutbar? Zunächst einmal muss es sich um eine Versicherungspflichtige Beschäftigung handeln. Das Arbeitsamt kann euch keinesfalls auffordern einen Minjob oder ähnliches zu machen.
Leider gilt entgegen früheren Auffassungen die Vermittlung in Leiharbeit als zumutbar.
Die angebotene Arbeit müsst ihr nicht annehmen, wenn:
- in den ersten drei Monaten der Ar­
beitslosigkeit das Bruttoeinkommen
niedriger als 80% ihres alten Bruttoein­
kommens ist
- vom 4.-6. Monat der Arbeitslosig
keit das zu erwartende Bruttoeinkommen
niedriger als 70% des alten Brutto ist
- ab dem 7. Monat das Nettoeinkommen, abzüglich Werbungskosten niedriger als das Arbeitslosengeld ist.
- die Hin-und Rückfahrt länger als 2,5 Stunden dauert (bei Beschäftigungen
unter 6 Stunden gelten 2 Stunden Fahr:
zeit) Wenn ihr keine Familie/Kinder habt, hält der Gesetzgeber ab dem 4. Monat der Arbeitslosigkeit einen Umzug für zumutbar.
- sie gegen gesetzliche, tarifliche oder arbeitsrechtliche Bestimmungen verstößt.
Es gibt weitere Ausnahmeregelungen, z.B. können Eltern die Vermittlung in eine Schichtarbeit ablehnen, genauso können gesundheitliche Einschränkungen ein Grund für eine Ablehnung sein. Zur Not müsst ihr es schaffen, dem Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch davon zu überzeugen, dass es vielleicht geeignetere Kandidaten als euch geben könnte.

Noch was?
Arbeitslose können sich bei der Krankenkasse von Zuzahlungen (auf Arzneimittel, Krankengymnastik etc.) befreien lassen.
Bei einem Einkommen, das knapp über dem Sozialhilfesatz liegt kann man bei der Telekom einen Antrag auf ermäßigte Telefongebühren und ermäßigte (Internet)Anschlüsse stellen.
Doch Achtung: Zuvor muss man sich beim Sozialamt von den Rundfunkgebühren befreien lassen. Auch wenn man nie welche gezahlt hat. Wer später nicht GEZ-Gebühren bezahlen will, sollte von der Befreiung vielleicht die Finger lassen.